Flaggen der Welt – Eine Reise nach Nepal
- 23. Jun 2020
- Lesezeit: 9 Min.
Wer von Nepal hört, denkt wohl zuerst an Himalaya, Trekkingtouren und Sherpas. Aber das kleine Land in Südasien hat weit mehr zu bieten. Wir erklären euch, warum die Flagge von Nepal als einzige nicht rechteckig ist. Von einem Einheimischen erfahrt ihr Interessantes über die bunten Gebetsfahnen. Außerdem werdet ihr die Mädchengöttin Kumari kennenlernen und ein paar Reise-Geschichten lesen.
Nepal in Zahlen
Der kleine Staat liegt zwischen China und Indien im Süden Asiens. Vom Osten bis zum Westen hat das Land eine Ausdehnung von 885 Kilometern, in der Nord-Süd-Achse ist es an der breitesten Stelle gerade mal 241 Kilometer lang.
Nepal ist das zweithöchst gelegene Land der Welt und hat einige Superlative zu bieten. Fast die Hälfte des Staates befindet sich 3000 Meter über dem Meeresspiegel. Das Himalaya-Gebirge erstreckt sich im Osten und Norden Nepals. Acht der zehn höchsten Berge der Welt befinden sich in diesem Faltengebirge. Dazu gehört der Mount Everest, mit 8848 Metern ist er der höchste Berg der Erde. Im Gegensatz dazu findet man zwischen den beiden Achttausendern Dhaulagiri und Annapurna eine der tiefsten Schluchten. Das Kali Gandaki Tal besitzt eine Tiefe von ca. 5000 Meter. In früherer Zeit verlief an dieser Stelle eine Handelsstraße. Heute ist es ein beliebtes Ziel der Trekking-Touristen. Die zieht es vor allem im Frühjahr nach Nepal. Zwischen Mitte und Ende Mai drängen die Touristen in das Mount Everest Basiscamp. Für die Besteigung müssen sie umgerechnet 9000 Euro zahlen. Eine wichtige Einnahmequelle für das sonst so arme Land.
Die Flagge von Nepal
Nepal besitzt als einzige Nation eine Flagge, die nicht rechteckig oder quadratisch ist. Woher kommt diese außergewöhnliche Form?
Genau genommen besteht die Flagge von Nepal aus 2 einzelnen Wimpeln, so genannten Pennons.
Pennon ist ein dreieckiger Wimpel. Der Begriff ist abgeleitet von dem lateinischen Wort „penna“, was soviel wie Flügel oder Feder bedeutet.
Ihren Ursprung hat die heutige Nationalflagge in der vedischen Tradition der oft dreieckigen Hindu-Flaggen. Die vedische Hindu-Tradition und die traditionelle hinduistische Architektur-Wissenschaft „Vastu shastra“ geben für das Dreieck ein Verhältnis von 3 zu 4 mit der Hypotenuse 5 an. Eine exakte und nicht ganz einfache Konstruktion der Fahne ist in der Nepalesischen Verfassung ausführlich beschrieben.
Welche Bedeutung haben die Farben und Elemente der Flagge von Nepal?
Die Farben
Die Grundfarbe wird in Purpurrot dargestellt. Als Nationalfarbe Nepals verkörpert dieser Farbton die Tapferkeit und ist gleichzeitig die Farbe der Nationalblume Rhododendron. Der blaue Rand an der Außenkante symbolisiert Frieden und Harmonie. Sonne und Mond erscheinen im Weiß der schneebedeckten Berge. 1962 ließ die Regierung das Design der Fahne modernisieren und nahm die Festlegungen in die Verfassung des Landes auf. Die Gestaltung lehnt sich an die traditionelle Darstellung an.
Die Elemente
Über die Bedeutung der Elemente Mond und Sonne gibt es verschiedene Angaben. Angenommen wird, dass sie auf die hinduistischen Götter Surya (Sonne) und Chandrama (Mond) zurückgehen
Der Architekt Shankar Nath Rimal entwarf die moderne Flagge von Nepal 1962 im Auftrag von König Mahendra. Nach seiner Aussage steht der Mond, als Symbol des Mitgefühls, über der Sonne, die das Wissen symbolisiert. Diese Form der Darstellung findet sich sowohl im Hinduismus als auch im Buddhismus wieder.
An anderer Stelle werden die 12 Strahlen der Sonne mit den 12 Monaten und den 12 Tierkreiszeichen in Verbindung gebracht, da sie mit der Bewegung der Sonne verbunden sind. Die Sonne, als Kopf der Planeten, symbolisiert das ewige Licht und ist Symbol für die Seele. Der Mond wird als Kopf der Asteroiden und Symbol des Herzens bezeichnet.
Sie sollen die Hoffnung ausdrücken, dass Nepal ein ebenso langes Leben hat, wie Sonne und Mond am Himmel.
Gebetsflaggen
Doch noch häufiger als der Nationalflagge begegnet man in Nepal den langen Girlanden aus bunten Gebetsfahnen mit Schriften und Symbolen. Wir haben einen Einheimischen nach der Bedeutung dieser Fähnchen gefragt.
Deepak Giri ist Reiseleiter und begleitete uns im Frühjahr 2018 für knapp drei Wochen durch das schöne Land.
Namaste! Giri erzähle uns doch bitte etwas über die bunten Fähnchen.
Namaste! Sehr gern! Es handelt sich um buddhistische Gebetsfahnen. Sie werden auch LUNGTA genannt. Jede Farbe repräsentiert eines der fünf kosmischen Elemente.
Blau – Himmel / Raum
Weiß – Wind / Luft
Rot – Feuer
Grün – Wasser
Gelb – Erde
Die meisten der Gebetsfahnen stehen für die Barmherzigkeit Buddahs und enthalten das Mantra „OM MANE PADME HUM“, übersetzt heißt das: „Ehre sei dir, du Juwel in der Lotus Blüte“.
Wenn die Fahnen im Wind flattern:
Mögen alle Wesen glücklich sein.
Mögen alle Wesen frei von Leiden sein.
Mögen alle Wesen frei von Dummheit, Hass, Ärger und Gier sein.
Die Buddhisten glauben, dass die Gebete und Mantras vom Wind erfasst werden, um den guten Willen und das Mitgefühl in allen durchdringenden Räumen zu verbreiten. Daher wird angenommen, dass diese Gebetsfahnen allen einen Nutzen bringen.
Dieses Mantra ist eines der wichtigsten Buddhistischen Verse und verleiht dem Wunsch nach Erlösung aller Lebewesen im Kreislauf der Wiedergeburt Ausdruck. Häufig ist dieser heilige Spruch auch in Gebetsmühlen graviert, damit er sich beim Drehen in der Welt verbreitet.
Symbolik der Gebetsfahnen
Neben den Mantras gibt es verschiedene Symbole.
Am häufigsten findet man das Windpferd (Tibetisch: Lung-ta). Das mythische, tibetische Wesen verbindet die Geschwindigkeit des Windes und die Kraft des Pferdes, um die Gebete von der Erde zum Himmel zu tragen. Es befindet sich zentral in der Mitte der Fahne. In den Ecken finden sich weitere Wesen:
Der Schneelöwe steht für bedingungslose Fröhlichkeit und einen Geist ohne Zweifel. Manchmal wird der Thron Buddhas mit acht Schneelöwen dargestellt. Eine Assoziation für Furchtlosigkeit und der Dominanz über die Berge und das Erd-Element.
Der Tiger ist das Symbol für bedingungsloses Vertrauen, Freundlichkeit und Bescheidenheit.
Garuda, ein furchtloser mythischer Vogel, ist ein Zeichen für die Weisheit und die Freiheit von Hoffnung und Angst. Er dominiert den Himmel und repräsentiert das Feuer-Element.
Der Drache donnert am Himmel mit dem Klang des Mitgefühls, das uns aus der Täuschung erweckt.
Das zeigen eines Drachenbanners soll vor Verleumdung schützen und den Ruf stärken, dem Symbol der Macht.
Namaste bedeutet so viel wie „Hallo“ in Nepal. Dabei faltet man die Hände vor der Brust in Höhe des Herzens und verbeugt sich leicht.
Nepal erleben
Im April 2018 machte ich selbst Bekanntschaft mit diesem kleinen Land. Wir waren nicht, wie die meisten Touristen zum Trekking angereist, sondern wollten Land und Leute kennen lernen. Ein paar Highlights möchte ich euch gerne vorstellen.
Sehenswürdigkeiten gibt es in Nepal in Hülle und Fülle. Swayambhunath, mit seinem tollen Blick über das Kathmandu-Tal, ist eine der wichtigsten buddhistischen Tempelanlagen. Weit sichtbar ist die riesige Stupa. Nur in Nepal befinden sich an allen vier Seiten die Augen Buddhas.
Das historische Zentrum Kathmandus bildet der berühmte Durbar Square. Er wurde beim Erdbeben 2015 schwer zerstört und der Wiederaufbau kommt nur langsam in Gang. Der Platz gehört heute zum UNESCO Weltkulturerbe und ist ein großer Besuchermagnet. Es herrscht immer reges Treiben.
Die kleine Kumari
Eine Geschichte aus Kathmandu hat mich besonders fasziniert. Kumari, die Mädchengöttin, wird als Kleinkind erwählt.
32 strenge Schönheitsmerkmale und ihr Horoskop entscheiden, ob ein Mädchen dafür in Frage kommt. Neben dem makellosen Aussehen darf das Kind noch nie im Leben einen Tropfen Blut verloren haben, denn das gilt als unrein. Für die Familie aus der buddhistischen Goldschmiedekaste der Newari ist es eine große Ehre, wenn ihr Nachwuchs erwählt wird, um als Wiedergeburt der Göttin Telaju verehrt zu werden.
Der Alltag der Kumari
Doch für das Mädchen ist es eine große Bürde. Sie muss mehrere religiöse Prüfungen bestehen. Männer mit Dämonenmasken tanzen in einem dunklen Raum um sie herum und gruselige Geräusche erklingen. Beim Anblick von blutenden Köpfen frischgeopferter Büffel darf sie keine Angst zeigen. Erst wenn das Mädchen bei all diesen Prüfungen ruhig bleibt, wird sie, mit dem Einverständnis der Eltern, zur Kumari geweiht. Dann verlässt sie ihre Eltern und Geschwister und lebt abgeschottet in einem alten Palast am Durbar-Platz. Nur zu wenigen Anlässen im Jahr darf sie in die Öffentlichkeit treten.
Die Kumari wird herausgeputzt, in rot-goldene Gewänder gekleidet und aufwendig geschminkt mit dem Feierauge auf der Stirn. Sie wandelt über weiße Teppiche, denn ihre Füße dürfen den Boden nicht berühren oder sie wird in einer goldenen Sänfte getragen. Man glaubt, der Blick der Kumari bringt Glück, deshalb versuchen die Menschen beim Besuch des Palasthofes einen Blick der Göttin zu erhaschen. Selbst Regierungsbeamte besuchen die Kumari, denn ihre Handlungen werden als Vorhersagen ausgelegt. So bedeutet eine weinende Göttin schwere Krankheit oder Tod. Zittert das Mädchen, sagt es Gefangenschaft voraus.
Früher bekamen Kumari nicht einmal eine Schulbildung, heute werden sie von Privatlehrern unterrichtet. Sie dürfen das Internet nutzen und an nationalen Prüfungen teilnehmen.
Mit der ersten Periode verliert das Mädchen ihren göttlichen Status und gilt als unrein. Dann müssen sich die jungen Frauen in der ungewohnten normalen Welt zurechtfinden.
Viele interessante Beiträge aus der Welt der Fahnen- und Flaggenkunde findest du in unserem Flaggenlexikon.
Kulinarischer Genuss
In der Altstadt von Bhakthapur wollten wir unbedingt den Königsjoghurt probieren, den gibt es ausschließlich in diesem Ort. Die Läden, in denen er verkauft wird, sind durch eine Tonschale über der Tür gekennzeichnet. Als wir endlich die richtige Straße gefunden hatten, waren wir doch etwas unschlüssig, denn unser mitteleuropäischer Magen ist nicht an jede asiatische Köstlichkeit gewöhnt. Ein freundlicher Nepali sprach uns auf Englisch an und meinte, dass wir es nicht bereuen würden. Er sollte Recht behalten.
Freilich ist der King Curd nicht mit unserem Joghurt zu vergleichen. Er wird lauwarm serviert, ist recht fest und mit Honig und Gewürzen verfeinert. Seinen Namen soll er auf Grund seines hervorragenden Geschmacks bekommen haben, der sogar den König erfreute.
Neujahr 2075
Ein ganz besonderes Fest durften wir während unseres Aufenthalts miterleben, das Nepalesische Neujahr. Das kleine Land ist uns um einige Zeit voraus, denn am 14. April 2018 begrüßten sie bereits das Jahr 2075. In Bhaktapur wird jedes Jahr zu dieser Zeit das traditionelle Bisket-Jatra-Fest begangen. Insgesamt zehn Tage dauert das prunkvolle Spektakel. Während der Feier findet in Bhaktapur eine Wagenparade statt und Bilder von Ganesh, Lakshmi und Mahakali werden in die Stadt gebracht.
Das neue Jahr gegrüßte uns mit einem atemberaubenden Sonnenaufgang und einem sensationellen Blick auf den Himalaya. Die Nepali feiern das neue Jahr etwas anders. Unterwegs trafen wir auf eine Prozession mit bunten Sänften und rhythmischen Trommlern. Dabei bewerfen sich die Jugendlichen mit zinnoberroter Pulverfarbe, dem Sindur Jatra. Ein witziges Spektakel, vor allem wenn man als Tourist dazwischen gerät.
Dschungelfeeling
Zu den absoluten Highlights der Reise zählte für mich der Aufenthalt im Chitwan-Nationalpark südwestlich von Kathmandu. Seit 1984 gehört der Park zum UNESCO Welterbe.
Neben Rehen, Wildschweinen und vielen Vogelarten leben dort bengalische Tiger, Krokodile, Nashörner, Leoparden und Schakale. Ein Einbaum-Kanu brachte uns über den Raptifluss zu einer Krokodil-Aufzucht-Station. Das Gharial-Krokodil lebt heute nur noch in Nepal und im Norden Indiens und ist vom Aussterben bedroht. Die Tiere werden aufgezogen und später ausgewildert.
Bei einer eindrucksvollen Wanderung durch den Dschungel konnten wir Tiere und Pflanzen hautnah erleben. Auch wenn wir dabei ein mulmiges Gefühl im Bauch hatten, denn unsere beiden Guides waren lediglich mit einem Knüppel bewaffnet.
Bei einem morgendlichen Ausritt auf dem Rücken eines Elefanten wurden wir Menschen von den Tieren nicht als Eindringlinge wahrgenommen. Rehe, Wildschweine und auch ein Panzernashorn kreuzten unbeeindruckt unseren Weg.
Land und Leute
Der überwiegende Teil der Bevölkerung Nepals gehört dem Hinduismus an. Die zweitwichtigste Religion ist der Buddhismus. Die Gläubigen beider Religionen sind der Überzeugung, dass ihr Schicksal durch ihr Karma bestimmt wird. Das persönliche Handeln jedes Einzelnen legt den Grundstein für die spätere Wiedergeburt.
Nepal ist geprägt von einem Kastensystem. Traditionell gibt es eine Einteilung in vier Kasten. Die Zugehörigkeit ist mit der Geburt bestimmt.
So schwer es für uns Europäer zu verstehen ist, arrangierte Ehen haben in dem kleinen Land eine lange Tradition. Nach wie vor entscheiden oft Eltern und Verwandte über die zukünftigen Ehepartner, auch wenn sich, vor allem in den großen Städten, ein Wandel abzeichnet.
Mein persönliches Fazit: Nepal besitzt nicht nur eine außergewöhnliche Flagge, sondern ist ein faszinierendes Land, mit einer beeindruckenden Geschichte, einer spektakulären Natur und unglaublich freundlichen Menschen.
Vielen Dank an Deepak Giri für seine umfangreiche Hilfe bei der Erstellung dieses Blog-Beitrags.
Welche tollen Erinnerungen habt ihr an ganz besondere Orte? Scheibt uns doch einen Kommentar!
Noch mehr interessante Infos zum Thema erhaltet ihr in unserem Blogbeitrag Was ist der Unterschied zwischen Fahne und Flagge? und Die Fahne – von Gestaltung bis Farben.
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Fotos/Grafik: „Flaggenträger“ und „Nationalflagge Nepal“: Shutterstock
Weitere Fotos: Maike Kegel
Quellen: https://www.nepalsanctuarytreks.com/blog/
https://www.merian.de/asien/nepal/artikel/die-kumari-von-kathmandu