Fogra – Color Management Symposium 2024
- 10. Sep 2024
- Lesezeit: 7 Min.
Jedes zweite Jahr im Februar veranstaltet die Fogra, das Forschungsinstitut der Druck- und Medienindustrie, das Color Management Symposium CMS für interessiertes Fachpublikum. In diesem Jahr trafen sich in München Teilnehmer aus 16 Ländern. Insgesamt 19 Referenten hielten 30 minütige Fachvorträge zu verschiedensten Themen aus dem Bereich Color Management. Ich war einer von Ihnen und möchte euch heute von meinem Vortrag berichten.
Ich wurde zu dieser Fogra-Veranstaltung eingeladen, um über die Herausforderungen im Textildruck zu sprechen. Der Redner-Block mit 3 Referenten aus den USA, Holland und mir, aus Deutschland, war der Einzige zu diesem Thema. Daraus kann man schon ableiten, wie klein eigentlich der Textildruck im Verhältnis zu allen anderen Druck-Branchen ist. Aber dafür können wir mit Textildruck wunderschöne Sachen herstellen, nicht nur für Werbezwecke, sondern auch jede Menge Wohnaccessoires, Zelte, Pavillons und vieles mehr.
Darüber hinaus ist diese Veranstaltung nicht nur ideal um in geballter Form Fachvorträge zu hören, auch das Netzwerken in den Pausen war für mich sehr wichtig und so habe ich viele gute Kontakte geknüpft.
Wenn Farbgenauigkeit zählt
Prinzipiell beruht Farbprofilierung in allen Branchen auf der gleichen Vorgehensweise. Also brauchte mein Thema „Wenn Farbgenauigkeit zählt: Tipps und Tricks für passgenaue Profilierung im digitalen Textildruck“ natürlich das besondere Etwas aus dem Bereich Textil.
Denn langweilig sollte für die anderen Teilnehmer natürlich nicht sein. Doch was ist die Besonderheit im Textildruck?
Der Grundstein: Vorbehandlung & Tinte
Wenn man wie ich täglich mit dieser Materie zu tun hat, muss man einfach mal über die Basics nachdenken. Ein gutes Farbmanagement und stabile Farben sind schon von der richtigen Vorbehandlung der Textilien abhängig. Dabei handelt es sich um eine Ausrüstung des Textils, welche die Tinte genau an dem Punkt festhält, wo sie aufgedruckt wurde.
Wenn die Vorbehandlung der Ware gut gemeistert wurde, ist das der Grundstein des Farbmanagements.
Die Ausstattung: verfügbare Maschinen
Im nächsten Schritt sollte man sich vor Augen führen, welche Maschinen man zur Verfügung hat und wie diese ausgestattet sind. Vor Jahren waren Digitaldruck-Maschinen, ähnlich wie die kleinen Drucker im Hausgebrauch, lediglich mit den Farben Cyan, Magenta, Yellow und Black befüllt. Mittlerweile bieten Hersteller zusätzliche Druckfarben für diese Drucker an. So stehen, je nach Maschinentyp, beispielsweise Grün, Orange, Rot und Violett oder auch Königsblau zur Verfügung.
Bei Vispronet verfügen wir über einen enormen Maschinenpark:
Und an dieser Stelle wird Farbmanagement schon zu einer echten Herausforderung. Normalerweise müsste man ja den kleinsten Farbraum zum Maß der Dinge erklären, um alle Maschinen auf allen Materialien gleich abzustimmen. Doch dann sind zusätzliche Druckfarben überflüssig. Denn eben nicht jeder Hersteller bietet alle Zusatzfarben an. Und obwohl alle Produzenten die Bezeichnung Grün, Orange etc. verwenden, sehen diese nicht gleich aus, denn genormt sind diese Farben nicht.
Die Aufgabe besteht also darin, aus diesen zur Verfügung stehenden Farben eine Art Druckumgebung zu berechnen, bestehend aus Linearisierung, maximalem Farbauftrag und dem ICC Farbprofil – und das für jede Maschine und jedes textile Material.
Mehr zum Thema und wie dieser Prozess genau funktioniert, lest Ihr im Beitrag Was ist Colormanagement?
Die Besonderheit: Bedruckstoffe für Fahnen
Merkmal 1: Materialstruktur
Textildruck und speziell der Fahnendruck stellen uns vor ganz besondere Herausforderungen. Fahnenmaterial ist ein relativ leichtes Textil mit einer offenen Materialstruktur. Damit stellt sich die Frage: „Was erkennt das Farbmessgerät, wenn ich die Farben für die Profilgenerierung einmessen möchte?“.
Merkmal 2: Konturenstand
Ein weiteres Problem im Textildruck ist das Thema Konturenstand, also die Fragestellung: „Wie stark verläuft die Tinte auf dem Bedruckstoff?“. Betrachtet man die Struktur des Textils, so dürfte jedem klar sein, dass man auf diesem Material keinen vergleichbaren Druck wie auf Folie oder Papier realisieren kann. Die Tinte trifft auf das Material und fließt anschließend auf den Fasern entlang. Eine gute Vorbehandlung des Materials, wie schon beschrieben, kann diesen Effekt minimieren, aber nicht vollständig eliminieren.
Hier seht ihr unser Standard Fahnenmaterial in 100-facher Vergrößerung:
Vergleich leichter Fahnenstoff und dichtes Dekomaterial
Vorder- und Rückseite Fahnenstoff (ca. 110 g/m2)
Dekomaterial mit geschlossener Stoffstruktur
Merkmal 3: Durchdruck
Die nächste riesengroße Herausforderung im textilen Digitaldruck: der Durchdruck. So nennen wir es, wenn das gedruckte Bild spiegelbildlich auf der Rückseite zu sehen sein soll. Hier gibt es 3 Parameter, die direkt aufeinander Einfluss haben:
- So viel Tinte aufbringen, damit diese das Material durchdringt
- So wenig Tinte verwenden, damit die Motivkonturen nicht verlaufen
- Perfektes Farbmanagement für hohe Farbtreue
Eine wichtige Rolle spielt dabei die Optimierung des Tintenverbrauchs.
Auf der nächsten Abbildung ist die Rückseite des bedruckten Textils zu sehen, links unten müsste dabei die dunkelste Farbe zu sehen sein. Auf der Vorderseite, im vorhergehenden Bild sichtbar, ist es auch so. Auf der Rückseite sind jedoch die Auswirkungen eines Tintensparmodell (eine spezielle Software) erkennbar. Diese rechnet die Buntfarben Cyan, Magenta und Yellow aus den Bildinformationen heraus und gleicht diese mit der 4. Farbe, dem Schwarz, aus.
Eine Tinteneinsparung, die für die meisten Firmen anderer Druckbranchen, durchaus interessant ist. Bei uns aber nicht gebraucht wird, da wir die Menge an Flüssigkeit (Tinte) für den Durchdruck benötigen.
Die Besonderheit: Sonderfarben
Fast am Ende meines Vortrages angekommen, möchte ich euch noch das Thema Sonderfarben vorstellen. Diese haben zwar nicht direkt mit der Profilierung zu tun, aber je genauer ein Material auf einer Druckmaschine charakterisiert wird, um so genauer lassen sich Sonderfarben darstellen.
Am gebräuchlichsten sind dabei die Farbmodelle RAL, HKS oder auch Pantone. Farbnamen wie RAL oder HKS sind genormte Farbstandards. Jeder kann eine Maschine, ein Hausanstrich, Fahrzeuge oder Fahrzeugteile nach solchen Farbnamen bestellen – und sollte dann auch exakt das bestellte Teil in dieser Farbe erhalten.
Für uns bedeutet die Verwendung von Sonderfarben einen riesigen Vorteil, denn viele unserer Maschinen besitzen sehr unterschiedliche Tintensetups. Wie am Anfang erwähnt, arbeiten Digitaldruck-Maschinen mit Tinten in den Farben Cyan, Magenta, Yellow und Black, aber zusätzlich auch mit Orange, Violett oder Rot.
Selbst die Grundfarben Yellow, Magenta, Cyan und Black sind leider nicht standardisiert. Jeder Hersteller produziert diese in etwas voneinander abweichenden Farbtönen. Da das vielen nicht bewusst ist, lassen sich Farbangaben im CMYK-Farbsystem sehr schwierig präzise auf den Bedruckstoff übertragen.
Farbtabellen anlegen
Die Farbstabilität der einzelnen Maschinen wird kontinuierlich überprüft. Dafür haben wir uns spezielle Hilfsmittel geschaffen. Diese Farbtafeln werden in regelmäßigen Abständen gedruckt und die Einstellwerte der Sonderfarben überprüft. Sie werden in „benannten Farbtabellen“ direkt am RIP hinterlegt und können bei Bedarf jederzeit editiert werden.
Anschließend werden die gelieferten Druckdaten mit Hilfe einer RIP Software für die jeweilige Druckmaschine verständlich berechnet. Die auf diesen RIP Servern hinterlegten Sonderfarben-Tabellen sorgen für eine präzise Farbwiedergabe. Vor allem bei der Reproduktion sensibler Logo- oder Firmenfarben auf unterschiedlichen Materialien sichert diese Option konstante Ergebnisse.
Ein RIP Server (Raster Image Prozessor) ist ein leistungsstarker PC auf dem die eigentliche RIP Software installiert ist. Kaufen kann man diese Software von verschiedenen Herstellern wie z.B. Caldera, ColorGATE, Onyx oder Ergosoft und vielen weiteren. Ganz grob gesagt, wandelt ein RIP die Kundendatei in die Druckersprache um.
Wird die gelieferte Kundendatei nun auf dieses System kopiert erfolgt bei uns eine Skalierung vom Maßstab 1:10 auf 1:1. Nach der Konvertierung in den entsprechenden Druckerfarbraum landet diese Druckdatei automatisch an der jeweiligen Druckmaschine, wo wir dann eure schönen Produkte drucken.
Kontrolle – Kontrolle – Kontrolle
Zum Schluss habe ich noch ein ganz wichtiges Thema. Ein gutes Farbmanagement ist nur so gut, wenn man es ständig pflegt und überprüft. Das heißt, in regelmäßigen Abständen drucken wir kleine Testformen, so genannte Medienkeile, mit auf das Material. Hier kommt auch die FOGRA wieder ins Spiel. Das Institut erstellt diese Prüfmittel und arbeitet auch gern mit Industriekunden zusammen. So entstehen mitunter interessante gemeinsame Projekte. Die Seite Textildruck bei der Fogra gibt darüber Auskunft.
Die gedruckten Medienkeile werden mit einem Spektralphotometer eingemessen und mit Hilfe einer speziellen Software mit dem jeweilgen Standard verglichen. In der Auswertung kann man sehen, ob sich (aus welchen Grund auch immer) die Farbigkeit im Druck verändert hat oder geblieben ist. Auftretende Farbabweichungen werden in der Farbmetrik mit dem Wert Delta E bezeichnet.
An dieser Stelle, der Überprüfung der Drucke endete mein Vortrag. Ich hoffe, ich konnte damit dem Fachpublikum und euch Blog-Lesern einen Einblick in die digitale textile Druckwelt geben.
Fazit
An diesem Event teilzunehmen, speziell auch als Referent da aufzutreten, war für mich eine große Herausforderung aber auch eine Bereicherung.
In der Vergangenheit dachte ich immer die Schwierigkeiten, die wir täglich stemmen, haben nur die Textildrucker. Aber nun in einem anderen Vortrag auf dieser Veranstaltung wurde über das Erstellen eines neuen Designs für Fußboden Laminate referiert. Die Entwicklung für ein solches Design dauert circa 1,5 Jahre und das größte Problem dabei ist das Licht. Denn bei der Betrachtung des Motivs auf dem Laminat aus unterschiedlichen Blickrichtungen dürfen keine unterschiedlichen Farbeindrücke entstehen. Die unterschiedlichen Lichtverhältnisse von Kunstlicht am Abend, über das Sonnenlicht am Tag oder auch an einem grauen Regentag kann extremen Einfluss auf die farbliche Wiedergabe des Fußbodenbelags haben.
Bei den von uns eingesetzten Materialien verhält es sich ähnlich, beispielsweise der Fahne draußen am Mast. Wir haben sonnige Tage, bewölkten Himmel, aber auch Regentage und immer soll das Firmenlogo im gleichen Farbton erstrahlen, obwohl das Material lichtdurchlässig ist? Das ist wirklich eine schwierige Aufgabe.
Darüber hinaus reflektiert jedes Material das Licht anders und damit nimmt man die Farbe anders wahr. Wenn man dann noch um das Produkt herum läuft, entsteht auch durch die verschiedenen Blickwinkel und der „3D Struktur“ des Materials eine andere Farbreflexion.
Legt man hohen Wert auf exakte Farbwerte, dann muss man ein Spektralphotometer verwenden. Möchte ein Mensch die Farben bestmöglich betrachten, dann sollte es ein neutraler, grauer Raum ohne Fenster sein, der mit einem speziellen Normlicht beleuchtet wird. Das finden wir leider nie in der Natur, wo unsere Außenfahnen zum Einsatz kommen.
Farbmanagement ist ein sehr interessantes Thema mit vielen großen Herausforderungen. Es bleibt also immer spannend!
Bilder:
Event-Fotos: zur Verfügung gestellt von © Fogra
Grafiken/Fotos zum Vortrag: Jens Deutschmann, © Sachsen Fahnen GmbH & Co. KG