Was ist „Überdrucken“?

  • Lesezeit: 5 Min.

Bist du gerade dabei eine Grafik zu erstellen? Vielleicht gibt es in deiner Datei auch Bereiche, an denen zwei verschiedenfarbige Elemente übereinander liegen. Dann musst du dir überlegen, wie diese Elemente sich im Druckprozess verhalten sollen. Dafür gibt es 2 Möglichkeiten der Darstellung. Sollen an dieser Stelle beide Farben gedruckt werden oder nur die oben liegende. Diese beiden Varianten werden als Überdrucken und Aussparen bezeichnet.

Aussparen

In den meisten Fällen ist das oben liegende Teil in deinem Design opak, man könnte auch sagen: lichtundurchlässig. Dein Grafikprogramm behandelt es in der Druckdatei so, als wären die Bereiche unter dem Teil nicht vorhanden. Das oben liegende Element spart das darunterliegende also aus. Diese Methode ist die am häufigsten benutzte Praxis.

Überdrucken

Im Gegensatz zum Aussparen werden beim Überdrucken beide Farben an den betreffenden Stellen gedruckt. Vor allem beim Nass-in-Nass-Druck kann dies zu einem unerwünschtem Farbausfall kommen. Die zuerst gedruckte Farbe ist dabei noch nicht vollständig getrocknet und mischt sich zu einem neuen Farbton mit der darauf gedruckten Farbe.

Bei herkömmlichen Druckverfahren, wie zum Beispiel dem Siebdruck, wird die Option Überdrucken hauptsächlich dazu verwendet, Blitzer zwischen den einzelnen gedruckten Farben zu vermeiden. Blitzer sind feine Zwischenräume, die entstehen, wenn bei mehrfarbigem Druck die einzelnen Farben nicht passgenau verarbeitet sind. Leider ist das im Druckprozess nicht immer vollständig zu vermeiden.

Natürlich möchte jeder Druckdienstleister dieses Fehlerbild vermeiden. Zu diesem Zweck werden die Elemente mit dünnen Konturen versehen. Für die Breite dieser Konturen überlappen die Farben und das Risiko für weiße Zwischenräume wird gesenkt. Im Fachjargon nennt man dieses Verfahren auch Trapping oder Überfüllen.

Beispiele für Aussparen und Überdrucken
Beispiel für Aussparen und Überdrucken

Automatisches Überfüllen

DTP-Anwendungen (DTP = Desktop-Publishing) wie Adobe InDesign bieten automatisches Überfüllen (Trapping) nach vorgegebenen Werten an.
Im Menü
Fenster Ausgabe Überfüllungsvorgaben
kannst du persönliche Einstellungen entsprechend deinen Anforderungen und mit einem eigenen Namen speichern.

Adobe InDesign, neue Überfüllungsvorgabe anlegen
Adobe InDesign, Überfüllungsvorgabe Einstellmöglichkeiten

In der Überfüllungsvorgabe gibt es eine Vielzahl von Einstellungsmöglichkeiten:

Lege die Breite der Überfüllung fest.
Für die Farbe Schwarz ist eine separate Steuerung möglich.

Lege das Aussehen für die Überfüllung an den Eckpunkten fest.

  • Gehrung
  • abgerundete Kante
  • abgeflachte Kante.

Steuere das Aussehen, wenn mehr als zwei farbige Elemente aufeinander treffen.

  • Gehrung: am Schnittpunkt wird die Überfüllung abgeflacht
  • Überlappung: die hellste Farbe wird um den Schnittpunkt platziert und
    überlappt damit alle anliegenden Farbelemente

Lege Regeln für die Überfüllung von Bildern und Grafiken fest.

  • Bild – Sollen Bilder in die Überfüllungsregeln einbezogen werden?
  • Bild zu Bild – Zwei Bilder berühren sich.
  • Bild zu Grafik – Bild grenzt direkt an eine Grafik.

Überlege dir, was sinnvoll für dein Projekt ist.

  • Lege Grenzwerte für die Farbdifferenz fest, ab wann deine Vorgaben aktiviert werden sollen.
  • Bei welcher Mindestmenge Schwarz werden deine Festlegungen verwendet?
  • Wann soll die Überfüllungsfarbe reduziert werden?
    Diese Frage ist wichtig, wenn sehr helle Farben aufeinander treffen und durch die Überlappung, dunkle Ränder verursachen.
    100 % – überfüllende Farbe kontinuierlich heller
    0 % – die Dichte der Unterfüllung wird an den Dichte-Wert der dunkleren Farbe angeglichen.

Weise die erstellte Vorgabe einem kompletten Dokument zu oder nur einzelnen Bereichen. Benutze dazu im Bedienfeld Überfüllungs­vorgaben die Option „Überfüllungs­vorgaben zuweisen“.

Wähle die benötigte Überfüllungsvorgabe. Entscheide, ob du sie allen Seiten oder nur bestimmten Bereichen zuweisen möchtest. In diesem Fall gibst du die entsprechenden Seiten einzeln, getrennt durch ein Komma, an oder eine Spanne, zum Beispiel 2-4.
Anschließend verwende „Zuweisen“ und schließe die Aktion mit „Fertig“ ab. Damit sind die Einstellungen in deinem InDesign-Dokument aktiviert.

Adobe InDesign Überfüllungsvorgabe zuweisen

Mit Hilfe von Desktop-Publishing-Programmen kann man Texte, Bilder und Grafiken in einem Dokument zu einer Publikation zusammen führen. Häufig verwendete Programme sind Adobe InDesign oder QuarkXPress.

Es gibt noch eine weitere Variante des automatischen Trappings. In dem Fall wird die Aufgabe von einem RIP übernommen. Diese Methode wird als In-RIP-Trapping bezeichnet. Entsprechende Module bieten zum Beispiel die Firmen ColorGATE oder OneVision an.

Ein RIP (Raster Image Processor) kann entweder eine Software oder eine Kombination aus Soft- und Hardware sein.  Er wandelt Grafikdateien für die Verwendung an der Druckmaschine um.

Manuelles Überfüllen

Aber mitunter ist die Erfahrung eines langjährigen Mitarbeiters doch die beste Lösung. Aus diesem Grund hast du weiterhin die Möglichkeit ein manuelles Überdrucken in deinem Grafikprogramm vorzunehmen.

Adobe Illustrator, Menü Fenster, Option Attribute

Adobe Illustrator:
Fenster Attribute

Adobe InDesign Option Attribute

Adobe In Design:
Fenster Ausgabe Attribute.

In der Druckausgabe sind an den Stellen der Überlappung  beide Farben vorhanden.

Nutze unbedingt die Überdruckenvorschau, so schützt du dich vor unerwünschten Druckergebnissen. Kontrolliere deine Einstellungen und passe sie noch einmal an, sollten sie nicht deinen Vorstellungen entsprechen.

Adobe Illustrator, Separationsvorschau

Hier findest du die Vorwschau in den verschiedenen Programmen:

Adobe InDesign:
Ansicht Überdruckenvorschau.
Adobe Illustrator:
Fenster Separationsvorschau Überdruckenvorschau.

Das Programm Adobe Acrobat Pro bietet dir die Möglichkeit ein PDF auf die Option „Überdrucken“ zu prüfen:
Druckproduktion Ausgabevorschau Überdruck simulieren.
Im kostenlosen Programm Adobe Acrobat Reader ist dies Option leider nicht verfügbar.

Adobe Acrobat Pro Ausgabevorschau für Überdrucken
Adobe Acrobat Pro Ausgabevorschau

Überdrucken verwenden: ja oder nein?

Vollständiges Überdrucken von Flächen birgt das Risiko der Farbübersättigung. Das heißt, das Material kann die aufgetragene Farbe nicht vollständig aufnehmen und verschmiert diesen Überschuss.

Maximaler Farbauftrag bzw. Tintenlimit geben an, wie viel Farbe bzw. Tinte das Material aufnehmen kann.
Um Farbauftrag und Tintenlimit festzustellen, sind meist umfangreiche Tests nötig.
Schau doch mal in unseren Blogbeitrag zum Thema „Colormanagement“.

Natürlich kann Überdrucken auch als Designmittel verwendet werden. Doch solltest du unbedingt mit deinem Druckdienstleister abstimmen, ob du „Überdrucken“ in deiner Datei verwenden darfst.

Um Fehler im Druckprozess zu vermeiden, haben wir uns bei Vispronet dagegen entschieden. Entferne in deinen Druckdaten bitte bei allen Elementen die Option „Überdrucken“. Wir verwenden diese Arbeitsweise nur in ganz wenigen ausgewählten Fällen und entscheiden dies operativ im Produktionsprozess.


Für die Nutzer des Programms Adobe Illustrator haben wir noch ein kleines „Schmankerl“. Wir schenken euch das Script „Überdrucken entfernen + Schriften in Kurven“.

Weitere wichtige Informationen zur Bestellung in unserer Online Druckerei findest du in unserem Beitrag Druckdaten erstellen – Ein Leitfaden für die erfolgreiche Datenprüfung.

War unser Blogbeitrag eine Hilfe für dich? Hast du weitere Fragen zu diesem Thema? Dann schreib sie gern in die Kommentare.

Über Maike
Durch ihre langjährige Erfahrung als Gruppenleiterin im Bereich Grafik kennt Maike sich bestens mit den Themen Datenprüfung, Druckdaten, Vektor- und Bildbearbeitung aus. Mittlerweile bloggt sie mit großer Leidenschaft und textet außerdem für unseren Onlineshop Vispronet®.
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